„We live in a world, where if you break your arm, everyone runs over to sign your cast. But if you tell people you´re depressed, everyone runs the other way. We are so accepting of any body part breaking down other than our brains“ – Kevin Breel

Was hat Stigma, Mentale Gesundheit, Politik und Aktivismus miteinander zu tun? Damit beschäftige ich mich. Ich bin Elli, 20 Jahre alt, studiere Psychologie und bin Beisitzerin im Landesvorstand der Grünen Jugend Baden-Württemberg. Politisch beschäftige ich mich viel mit Gesundheitspolitik. Mein Ziel? Mentale Gesundheit auf die politische und gesellschaftliche Tagesordnung bringen und dieses Thema ansprechen. Denkt mal darüber nach: Warum gehen wir jedes halbe Jahr zum/zur Zahnarzt/Zahnärzt*in zum präventiven Check-Up, aber nicht jedes halbe Jahr zu zur psychosozialen Beratung, um abzuchecken, wie es unserer Psyche geht?

Das ist eine hypothetische Frage, wir haben nämlich nicht die (politischen & finanziellen) Mittel dazu. Und warum haben wir diese nicht? Weil Mentale Gesundheit immer noch etwas ist, worüber nicht gerne geredet wird, weil Psychische Störungen immer noch stigmatisiert, das heißt mit Schwäche, Scham, Schweigen und Schuld assoziiert sind.

Warum darf Schwäche eigentlich nicht zugegeben werden? Wir leben in einer Welt, die uns Vulnerabilität verbieten will. Hier vulnerabel zu bleiben und dies zu zeigen, ist eine große Herausforderung.

Der Bereich Politik ist selbst einer, der keine guten Voraussetzungen für Arbeit gibt, die die mentale Gesundheit fördert oder zumindest nicht gefährdet: Arbeiten unter extremem Druck, großer öffentlicher Beurteilung, keine Familienfreundlichkeit, große Arbeitslast etc. – doch gerade in hochleistenden beruflichen Feldern, wird ungern über dieses Thema geredet, denn Schwäche darf nicht zugegeben werden. Denkt mal über eure eigene (politische) Bubble nach – betreibt ihr nachhaltigen Aktivismus? Oder brennt ihr euch nacheinander aus, sodass die nächste Generation nachrücken muss? Ob Parteipolitik, Klimaaktivismus oder Stadtrat – wir können uns von kapitalistischem Leistungsdruck und ungesunden Arbeitsmechanismen oft nicht trennen.

Klingt frustrierend? Aber es gibt auch positive Aussichten, denn wir wissen (wissenschaftlich belegt), was hilft:

Entstigmatisierung rettet Leben. Prävention rettet Leben. Lückenlose Mentale Gesundheitsversorgung rettet Leben. Und es muss gar nicht um Leben retten gehen. Sondern darum, den Wert der Mentalen Gesundheit jedes einzelnen Individuums in einer Gesellschaft zu sehen und zu schätzen. Wer Mentale Gesundheit als elementar für das gesellschaftliche Funktionieren ansieht, muss in diese investieren. Wir müssen die politische Aufmerksamkeit und die finanziellen Mittel im Bereich der Mentalen Gesundheit verstärken.

Mentale Gesundheit ist politisch. Das will ich an zwei beispielhaften Themen zeigen: Gesundheitspolitik und Migrationspolitik.

Menschen durchschnittlich 3 Monate auf einen Therapieplatz warten zu lassen, weil wir mit einer Bedarfsplanung arbeiten, die auf die Nachfrage von 1999 eingestellt ist, ist fahrlässig. Wir brauchen schnelle, zuverlässige Ressourcenkoordinierung und hürdenlose Wechsel zwischen unterschiedlichen Therapiemöglichkeiten, um individualisierte Therapieprozesse zu ermöglichen.

Humane Migrationspolitik heißt, niederschwellige, kostenfreie Angebote der psychologischen Beratung anzubieten. Wer flieht, hat eine deutlich höhere Disposition für Psychische Störungen. Traumafolgestörungen müssen als schwerwiegende Erkrankung und demnach als Verhinderungsgrund von Abschiebungen anerkannt werden. Nur so kann reale, humane Integration möglich sein. Leave No One Behind!

Bringt das Thema auf die private und politische Tagesordnung – im Kleinen und im Großen! Einen letzten Gedankenanstoß möchte ich dir noch mitgeben, wenn du bis hier gelesen hast: Was machst du, um auf deine Mentale Gesundheit aufzupassen?

Beitragsbild